Ortsverein Eningen unter Achalm
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Ende des 19. Jahrhunderts erreichte die Gründungswelle von
sozialdemokratischen Ortsvereinen auch die Dörfer im
württembergischen. 1891 konnten bereits 40 Ortsvereine registriert
werden, die Tendenz indes war aufsteigend: Drei Jahre später gab
es schon über 100. Zur württembergischen Hochburg der
Sozialdemokratie gedieh besonders der mittlere Neckarraum.
Im Jahre 1901 war es dann auch in der knapp 4090 Einwohner
zählenden Gemeinde Eningen soweit: Am 22. Juni 1901 um 20.30
Uhr trafen sich Bürger in der Wirtschaft zum "Hasen", um im
Arbeiterdorf am Fuße der Achalm einen sozialdemokratischen
Verein zu konstituieren. Dieses Datum gilt als Gründungstermin der
sozialdemokratischen Partei in Eningen.
Als der Eninger Ortsverein seine Arbeit aufnahm, befand sich die SPD landesweit im Aufwind. Es galt als
"Pflicht und Ehrensache eines jeden Arbeiters, Mitglied zu sein bei einer Partei, die überall so
mutig für die Interessen des kleinen Mannes eintritt".
Schon nach knapp einem Monat hatte der junge Eninger Verein über 50 Mitglieder. Die Mitglieder im
Ausschuss sind namentlich bekannt: Erster und zweiter Vorstand waren Kaspar Rall und Simon Leuze, als
Schriftwarte fungierten Eduard Rall und ein mit Vornamen unbenannter Herr Kurz. Die Finanzen wurden
von Karl Jäger verwaltetet und der Hasenwirt war Eugen Sautter.
Der Verein muss sehr betriebsam gewesen sein, da in der Lokalpresse stets Anzeigen und Berichte über
die Aktivitäten der Eninger Sozialdemokraten zu finden waren.
Das "tausendjährige Intermezzo"
Der Neuanfang
In Eningen fiel es den Nationalsozialisten besonders schwer Fuß zu fassen. Bei der Reichstagswahl vom
14. September 1930 zog die NSDAP zwar als zweitstärkste Partei in den Reichstag ein, in Eningen
dagegen erreichten sie nur 3,3 Prozent. Erst die Wahl am 31. Juli 1932 brachte der NSDAP den erwarteten
Erfolg. Im "roten" Arbeiterdorf Eningen verbuchten die SPD aber noch immer 25 Prozent und die KPD gar
über 40 Prozent der Stimmen, doch der Anteil der NSDAP kletterte auf knapp 20 Prozent. Für die
Arbeiterbewegung wurde der Druck von rechts immer drastischer und so gelang den Nationalsozialisten
auch in Eningen die systematische und gewaltsame Zerschlagung der Arbeiterbewegung. Mit Hilfe des
Gleichschaltungsgesetzes kam auch auf dem Eninger Rathaus die NSDAP an die Macht. Die fünf
kommunistischen Gemeinderäte wurden entlassen und das von der Bevölkerung demokratisch gewählte
Gemeindeparlament aufgelöst Damit war auch auf dem Eninger Rathaus das gesamte demokratische
Parteiensystem zerstört. Die Lokalpresse berichtete über die Umwälzungen mit den lapidaren
Worten:"Bürgermeister Maier stellte abschließend fest, dass also nunmehr auch in Eningen wie im ganzen
Lande die Sozialdemokratie aufgehört habe.“
Wie es begann
Das Kriegsende nahte für die Eninger Ende April 1945. Nachdem die Franzosen am 20. April in Reutlingen
einmarschiert waren und der frühere Reutlinger SPD-Gemeinderat Oskar Kalbfell die Stadt praktisch
kampflos an die Sieger übergeben hatte, folgten auch die Eninger wenig später seinem Bespiel.Es dauerte
freilich noch lange, bis sich das Leben im Ort normalisierte. Man versuchte die vergangenen Jahre zu
vergessen und richtete den Blick nach vorn, bis allmählich der wirtschaftliche Aufschwung begann. Die
Sozialdemokraten in Eningen organisierten sich, wie ihre Gründer anno 1901 in einem
sozialdemokratischen Ortsverein und waren wieder im Gemeinderat vertreten.Seit dem trifft man sich
einmal monatlich, um im Rahmen politischer Gesprächsrunden aktuelle Fragen zu erörtern. An
Diskussionsstoff mangelt es dabei nie. Abgesehen von der allgemeinen Politik fordern kommunalpolitische
Aufgaben Stellungnahmen und Engagement der Sozialdemokraten. In Wahlkampfzeiten häufen sich derlei
Aktivitäten.
Doch nicht nur die politische Arbeit, sondern auch Kultur und Geselligkeit sind wichtige Kriterien
erfolgreicher Parteiarbeit. Wie am Anfang des vorigen Jahrhunderts treffen sich die Eninger
Sozialdemokraten auch heute, um zu feiern und die Freizeit zu gestalten. So ist der Neujahrsempfang
mittlerweile schon Tradition geworden. Seit 1984 bietet der Ortsverein außerdem den bei der Bevölkerung
sehr beliebten "Alt-Eningen-Kalender", in dem die Photographien von einst an die Vergangenheit der
Achalmgemeinde und an den Alltag der Menschen erinnern.
Quelle: "Festschrift - 90 Jahre Eningenr Sozialdemokratie"
“Festschrift - 100 Jahre SPD-Ortsverein Eningen”
Zuletzt aktualisiert am 14. Januar 2019
Zuletzt aktualisiert am 14. Januar 2019